Arcimbolda
Ausgehend von meiner Begeisterung für die skurrilen Fruchtporträts des Rennaissancemalers Arcimboldo, begann ich eingehende Studien diverser Obst-und Gemüsetheken, um die schönsten Exemplare abzuformen und Mengen an Erdbeeren, Tomaten, Erdnüssen, Romanescos, Granatäpfel, Möhren, Lauchstangen, Apfelsinen usw. in Gips zu gießen. Aus diesen Bergen ließ ich dann arcimboldesk eine Figur entstehen, eine prozessuale Arbeit, die förmlich wuchs und wucherte. Mir geht es hierbei um eine Präsenz und Kraft und natürlich vor allem um eine Erfindung von Figürlichkeit. Kein Einzelteil gibt es mehr, sondern eine Fülle und Pracht, ein Ganzes. Eine symbolträchtige Allegorie, mit dem Arcimboldo das Anlitz des Kaisers verwandelte und das in seinem frischen Zeitbezug eine erweiterte, vollplastische und lebensgroße Dimensionen erhält. So steht Arcimbolda für Erneuerung und Verwandlung, derer unsere Zeit bedarf. Die sparsame Überarbeitung mit Wachs und Glitzer überzeugte für ihre ersten Auftritte. Als Endmaterial ist Aluminium beständiger und schillernder und darüber hinaus eine weitere Transformation von der ursprünglichen Vergänglichkeit des Materials ins galaktische.
Jana Mertens
©Jakob Aolphi
Jana Mertens’ Skulpturen sind aus rauem, herbem Material und strotzen geradezu vor Kraft. Sie sind meist Hybride, in denen die Künstlerin Geformtes und Gefundenes – Alltagsgegenstände im Sinne der „objets trouvés“ – kraftvoll und gekonnt zu neuer Einheit zusammenführt. Ausgangspunkt scheint eine unbändige Lust am Fabulieren und eine ebenso große Leidenschaft für das Material und seine spezifische Haptik, die im Prozess des Formens selbst zur Inspirationsquelle werden. Die von Mertens in ihre Arbeiten integrierten Alltagsgegenstände werden dabei zu potenziell plastischen Elementen wie plastisch Geformtes wiederum Figürliches oder Gegenständliches assoziieren lässt. Ihre je eigenen formalen und inhaltlichen Narrative scheinen sich zu kreuzen, doch ohne ganz zu verschmelzen. In Werken wie der „Arcimbolda“ bilden sie fantastische Schöpfungen von höchst skurriler und grotesker Erscheinung. Dennoch ist ihnen ein tiefer Ernst und Realitätsbezug eigen, da sie das Groteske des Lebens selbst spiegeln. Diese Spannung, dieses unauflösbare Paradoxon sowie die Meisterschaft der konkreten Umsetzung lassen die Arbeiten von Jana Mertens so verstörend und sperrig wie lebendig und faszinierend erscheinen.
Dr. Stephan Dahme
Kustode für Grafik des Bauhauses, der Moderne und
der Gegenwart, Klassik Stiftung Weimar