Das Wachsausschmelzverfahren
Definition
Das Wachsausschmelzverfahren ist ein Formverfahren, welches im atmosphärischen Feinguss Anwendung findet. Daher wird es auch Feingussverfahren genannt.
Es dient der Herstellung präziser Gussobjekte mit hoher Oberflächengenauigkeit bei geringen Herstellungskosten. Besonders bei formtechnisch schwierigen Skulpturen und Gussobjekten mit hohen Anforderungen an Präzision und Oberflächenqualität kommt das Wachsausschmelzverfahren zum Einsatz. Damit eignet sich das Verfahren besonders für Objekte mit komplexen Strukturen und Geometrien mit vielen Hinterschneidungen, die mit anderen Gießverfahren nur schwer oder gar nicht umsetzbar sind.
Während des Gießens wird sowohl das Modell, welches meist aus Wachs besteht, als auch die zumeist keramische Form zerstört. Daher spricht man auch vom „Verfahren der verlorenen Form“ bzw. vom „Verfahren mit verlorenem Modell“.
Geschichte
Das Wachsausschmelzverfahren ist eines der ältesten Gießverfahren überhaupt. Bereits ca. 4000 v. Chr. wurden vor allem Kultgegenstände und Objekte des Kunstguss damit hergestellt. Doch besonders in der folgenden Bronzezeit ab ca. 2000 v.Chr. wurden zahlreiche Gegenstände wie Waffen, Schmuckelemente, Bronzetüren, Alltagsgegenstände usw. angefertigt.
Anwendung
Neben unserem Fokus auf Plastiken, Skulpturen und Statuen findet das Wachsausschmelzverfahren vor allem in folgenden Branchen Anwendung:
- Kunst
- Industrie und Maschinenbau
- Luft- und Raumfahrt
- Zahntechnik und Medizin
Prozess und Ablauf des Wachsausschmelzverfahrens
Hat ein Künstler der Kunstgießerei seines Vertrauens z.B. ein Gipsmodell (Original) seiner Skulptur angeliefert, geht der Guss wie folgt vor:
1. Modell
Das original Modell - meist aus Gips, Holz oder dem 3D Druck stellt die Grundlage für den Prozess des Wachsausschmelzverfahrens.
2. Silikon Negativform
Zuerst wird das Gipsmodell etwa zur Hälfte in eine Blindform eingebettet. Damit wird gleichzeitig die Trennungsfläche für die Formhälften festgelegt. Auf dieser Basis wird die zeitweilige Gipsstützschale aufgebaut, in welche das Silikon eingegossen bzw. aufgetragen wird. Nach Erkalten kann die Form auseinandergenommen und das Modell entfernt werden. Die negative Silikonform zeigt alle Feinheiten der Oberfläche des Originals.
3. Wachsmodell
In diese Negativfom wird nun eine mehrere Millimeter starke Wachsschicht aufgetragen. Sie entspricht der späteren Wandstärke des Gussstückes. In die Wachsskulptur wird ein Kern (z.B. Gips-Schamottemischung) gegossen. Nach dessen Erstarrung kann die Außenform abgenommen werden. Die elastische Gelatine- oder Silikonform gibt das in Wachs umgesetzte Modell (Wachspräparat) frei. In diesem Stadium kann es nochmals überarbeitet und korrigiert werden.
4. Montage und Anlöten des Angusssystem
Bevor dann das ganze Wachspräparat in eine keramische Masse eingegossen wird, werden noch die für das einfließende Metall notwendigen Einguss- und Entlüftungskanäle angebracht, welche als Gießsystem dienen.
5. Tauchen, Besanden, Trocknen
Das montierte Wachssystem wird wiederholt in eine keramische Schlickermasse (Formschlicker) getaucht und mit feinem Sand bestreut, um eine keramische Schale um das Wachs herum zu bilden. Dieser Vorgang wird so lange wiederholt, bis eine ausreichend dicke Schicht entsteht, die das spätere Gießen aushält.
6. Ausschmelzen (Autoklav)
Die keramische Schale wird erhitzt, um das Wachs(modell) unter Druck auszuschmelzen und eine hohle Form zu erzeugen. Dies geschieht meist in einem Autoklaven. Das ausgeschmolzene Wachs wird für die Wiederverwendung aufgefangen.
7. Brennen der Form
Die entleerte Keramikform wird erhitzt, um die Keramik zu härten und eventuelle Wachsrückstände zu entfernen. Man spricht auch vom „Glühen der Keramikform“.
8. Gießen
Danach erfolgt in der gebrannten, hocherhitzten Form das Feingiessen. Nach dem Gießen erstarrt das Metall in der Form und bildet das gewünschte Gussobjekt.
9. Entformen
Ist das Metall erstarrt und weit genug abgekühlt, wird die Keramikform zerschlagen, um den Rohguss zu gewinnen.
10. Nacharbeiten
Nach grundlegender Bearbeitung des Rohguss wie Entformen und Sandstrahlen beginnt nun die Arbeit des Ziseleurs.
Vorsichtig trennt er zunächst die Eingusskanäle ab. Mit seinem Arsenal von Spezialwerkzeugen führt er dann die Überarbeitung durch. Mehrteilig gegossene Skulpturen werden unter Schutzgas-Atmosphäre zusammengeschweißt. Die Schweißnähte werden dann so überarbeitet, dass sie praktisch unsichtbar sind. Am Schluß der Bearbeitung muss der Guss so genau wie möglich dem Originalmodell entsprechen, welches der Ziseleur ständig zum Vergleich heranzieht.
11. Die abschließende Behandlung
Dies übernimmt bei Bronzeguss der Patineur. Durch seine aufgepinselten, aufgesprühten oder eingebrannten Lösungen erzielt er durch chemische Einwirkungen auf die Oberfläche die gewünschte Patina. Nach einer Konservierungsbehandlung (Bienenwachs, Hartwachs etc.) steht nun das fertige Exponat dem Auftraggeber zur Verfügung.
Der hier beschriebene Ablauf des Wachsausschmelzverfahrens ist in vielen Punkten an unsere hauseigenen Prozesse angelehnt, und stellt den schematischen Prozess dar. Je nach Anforderungen des Gussauftrags gibt es viele Details und Modifikationen die den Rahmen dieses Artikels sprengen würden.
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