Eisen als Werkstoff für den Bildhauer
Schon in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts versuchten die Eisengießer ihre zweckgebundenen Ofenplatten mit Ornamenten und figürlichen Reliefs zu schmücken. Besonders im Siegerland und in der Eifel wurden schließlich, aus langer Tradition heraus, wahre Pracht- und Schauofenplatten gegossen, die mit Helden und Göttern, Schlachten und Alltagsereignissen bebildert waren. So ehrwürdig ihr Alter, so malerisch durch Rost und Risse diese Arbeiten auch wirken, sind sie doch gießtechnisch unvollkommen, da der rechte Formsand und die richtige Eisenzusammensetzung, welche zum genauen Guss gehören, noch nicht gefunden waren.
Erst 1784 glückten in der Gießhütte zu Lauchhammer vollkommene Kunsteisengüsse. Diese gaben haargenau und exakt das eingeformte Modell wieder und konnten sich in der Sauberkeit mit den Bronzegüssen messen. Die Freude an diesen technischen Kunststücken war groß. Darum richtete der Staat 1796 eine Eisenkunstgießhütte in Gleiwitz ein, 1804 eine zweite in Berlin. Gleichzeitig, aber unabhängig von diesen dreien, begann die Gießhütte in Sayn bei Koblenz, den Kunsteisenguss zu pflegen. Die Neujahrsplaketten dieser und der Berliner Gießhütte, welche kaum postkartengroß und fast papierdünn Reliefdarstellungen in unerhörter Feinheit brachten, bildeten die bleibenden Glanzpunkte der Gießtechnik. Uhrketten und Ringe, zartester Frauenschmuck, minutiöse Medaillen und Plaketten, mit Bildnissen von Königen, Staatsmännern, Fürstinnen und schönen Mädchen, Tabakdosen und Leuchter wurden nun in Eisen gegossen und sind heute hochbezahlte, sehr geschätzte Objekte für Sammler und Museen.
Die allmählich einsetzende Industrialisierung unterhöhlte dann diese Kunst. Als 1873 die Staatliche Gießhütte in Berlin geschlossen wurde, geschah kein Unrecht, denn als Kulturträger hatte der Kunsteisenguss aufgehört zu wirken.
Nur Lauchhammer hielt zäh an der Tradition fest. 1921 brachte diese Hütte zu Anfang einer lang geplanten Folge wieder eine Weihnachtsplakette heraus und gab damit, wie vor 200 Jahren, den Anstoß zur erneuten Pflege und Beachtung des Kunsteisengusses.
Geschmackliche Überlegungen waren der Anlass, heute sind es, durch die Kupferersparnis, auch bedeutende wirtschaftliche Absichten. Es wird zwar immer schwierig sein, Vollplastiken in Eisen zu gießen, da es unmöglich ist, nach dem Guss Korrekturen vorzunehmen und nur das umständliche und teure Wachsausschmelzverfahren nahtlose Güsse ermöglicht. Für Reliefs, Plaketten, Medaillen, und Schrifttafeln, die konisch aus einer Sandform zu gießen sind, ist aber das Eisen ein williger und in seiner herben Schwärze ein interessanter Werkstoff. Nur dürfen wir nicht in den immer wieder zu beobachtenden Fehler verfallen, Modelle, die für Bronze gedacht sind, einfach in Eisen zu gießen.
Die – im Verhältnis zur Bronze – weit größere Lichterlosigkeit des Eisens verlangt eine ganz eigene straffe und knappe Formgebung. Dieser richtige, eisenhafte Charakter des Reliefs ist nur durch den Negativschnitt zu erreichen; nur durch den Schnitt, als Gegensatz zum weicheren Modellieren, hat der Schöpfer die Möglichkeit, hart und straff die Erhöhungen in das wenige Licht zu rücken. Wenn die Formen durch diese Technik prall und genau geworden sind, dann erst zeigt sich der Reiz des Eisens ganz.
Heinrich Moshage (1896 - 1968)